Hanjo Gäbler: Weihnachten im Sommer

2025-06-30T18:57:45+02:0030. Juni 2025|2025, Allgemein, Auf ein Wort, Veröffentlichungen|

Weihnachten im Sommer

Hanjo Gäbler

Wie einige von Euch wissen, bin ich Filmkomponist und muss weit bevor es in eine Erstausstrahlung oder Premiere geht mit meinem musikalischen Part fertig sein. Dadurch arbeite ich oft antizyklisch. So schreibe ich zurzeit Soundtracks für ein bulgarisches Orchester – für die kommende Weihnachtszeit. Höre bei 33 Grad im Garten Weihnachtsmusik und schaue am lauen Sommerabend hier und da noch einen Weihnachtsfilm. Es ist gar nicht mal so einfach, in solch einer Zeit in eine Weihnachtsstimmung zu kommen. Ich widerstehe dem Versuch, meine Töchter diese Woche mit dem Schlitten zur Schule zu ziehen – und ich werde auch keine dicken Socken und Pudelmütze tragen. Irgendwie muss ich das anders hinbekommen.

Wie muss sich wohl jemand fühlen, der entgegengesetzt der eigenen Gefühle folgende biblische Anweisung aus Philipper 4,4 liest? „Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch!“

Das ist dann ja eher eine Zumutung als ein freudiger Appell unter Gleichgesinnten. Dieser Vers liest sich tatsächlich völlig problemlos, wenn man Grund zur Freude hat und es einem gut geht. Habe ich schon ausprobiert. Das funktioniert reibungslos. Ich kenne aber auch die Momente, in denen ich den Vers lese und ihn mehr oder weniger wohlwollend als „unpassend“ überlese. Ich frage mich dann, ob man die Bibel auch „antizyklisch“ lesen soll. Also sich einfach mal freuen, obwohl gerade kein Grund zur Freude besteht. Klingt irgendwie komisch, richtig?

Ich frage also noch einmal genauer, was Gott mir damit sagen möchte, und stoße auf Schreiber und Umstand dieses Verses. Paulus sitzt im Gefängnis – wahrscheinlich in Rom – und schreibt den Christen in Philippi, dass sie sich freuen sollen. Es gäbe so viele Gründe: Zum einen sind die Gemeindeglieder nicht inhaftiert von den Römern. Zum anderen konnte ein Streit in ihren Reihen geschlichtet werden. Mit vielen war Paulus durch seine Dienstreisen befreundet. So berichtet er von Klemens, einem Mitstreiter, und anderen Christen, die im Buch des Lebens stehen. Das sind lauter freudige Gründe für Paulus, und im vierten Satz mündet es dann direkt in diesen Vers: „Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch!“ Stark, nicht wahr?

Dieser Vers inspiriert mich heute sehr. Ich möchte wie Paulus nach kleinteiligen, guten Nachrichten und Begebenheiten suchen und graben wie nach einem Schatz. Welcher Grund ist es bei Dir, der Dich dankbar macht? Ich suche mir jetzt einfach mal fünf Gründe, die mich dankbar machen und über die ich mich jetzt freuen kann.

Dieser Vers muss sich keineswegs anfühlen wie ein Weihnachtslied im Hochsommer, oder?
Also, abermals sage ich: Freuet Euch!

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